Plattform: Playstation 3, XBox360
Release: 2013
Entwickler: Platinum Games
Publisher: SEGA
Schon vor einiger Zeit erschien der Multiplayer-Brawler und inoffizielle Nachfolger von Mad World (Wii) unter dem Namen Max Anarchy in Japan. Eine Veröffentlichung im Westen war lange Zeit ungewiss und letztendlich ist es eine Überraschung, dass das Spiel überhaupt bei uns erschien. Beim Preis ging man dann aber gleich den richtigen Weg und bot das Spiel für 30€ an. Trotzdem wird Anarchy Reigns wohl eher ein Nischentitel bleiben.
Was ihr vorher wissen solltet
Das sagt aber absolut nichts über die Qualität des Titels aus, denn tatsächlich kann man mit Anarchy Reigns unzählige spaßige Stunden verbringen. Da dieser Spaß aber sehr geschmacksabhängig ist, halte ich es für sinnvoll, euch zuerst einmal näher zu bringen, wie ich zu solchen Spielen stehe. Solltet ihr einen Teil von euch darin wiedererkennen, fällt es euch vielleicht leichter, meine Meinung nachzuvollziehen.
Wie so einige, stieg auch ich mit Street Fighter ins Beat em up Genre ein. Die schnellen Kämpfe, das Adrenalin, wenn der Lebensbalken fast leer ist und das Glücksgefühl, wenn man eine coole Kombo schafft, die man am liebsten mit der Kamera aufgenommen hätte, kennt wohl jeder. Auf dem Dreamcast sah ich dann zum ersten Mal das Spiel Power Stone und den Nachfolger Power Stone 2. In dem Moment war es um mich geschehen. Auch weiterhin hatte ich hier und da Freude an klassischen Beat em ups aber noch tausendmal mehr fand ich Gefallen an Fun-Prüglern ala Super Smash Bros. oder dem zuletzt erschienenen Playstation All-Stars Battle Royale. Power Stone bleibt aber etwas besonderes, einzigartiges mit seinen coolen Szenarien und 3D Arenen. Ähnliches Vergnügen empfand ich eigentlich nur noch bei den 3D Dragonball Spielen.
Würde mich heute jemand fragen, welches Spiel dem alten Power Stone Gefühl am nächsten kommt, wäre meine Antwort Anarchy Reigns! Auch wenn das Spielgefühl immer noch ein anderes ist, hat man hier ein vergleichbares Kampfspiel mit tollen Arenen, vollgestopft mit Auslösern für tolle Events und natürlich Waffen.
Zwischen Mad World und Bayonetta
Aber schalten wir mal einen Gang zurück. Anarchy Reigns lässt sich nur schwer einordnen und trotzdem ist es interessant, dass mit dem Multiplayer von God of War Ascension bald ein recht ähliches Spiel erscheint. Auch bei Anarchy Reigns handelt es sich um ein Character Action Game, sogar von den Meistern des Genres höchstpersönlich: Platinum Games. Die Ähnlichkeit zum inoffiziellen Wii-Vorgänger Mad World ist ebenfalls auffallend, es wurden sogar Charaktere, wie Jack (einer der beiden Protagonisten) übernommen. Nicht übernommen wurde leider der einzigartige Schwarz-Weiß-Grafikstil von Mad World. Anarchy Reigns ist nicht unbedingt eine Augenweide, für die schnelle Action reicht die Optik aber allemal.
Dass es aus dem Hause Platinum Games kommt, zeigt übrigens auch die, für Käufer freischaltbare, Kämpferin Bayonetta aus dem gleichnamigen Spiel. Das weckt doch Erwartungen, oder?
Viele betrachten Bayonetta als das beste Spiel seines Genres, mit einer Vielzahl von Kombos, 60 Frames per Second, einem schnellen Ausweich-Move und insgesamt perfekter Kontroller über das Kampffeld. So viel sollte man bei Anarchy Reigns definitv nicht erwarten! Es hat zwar viele Eigenschaften von Platinum Games Spielen, ist aber in keiner so gut, wie es sein könnte. Zum Ausweichen braucht man zwei Knöpfe (Blocken + X auf dem Playstation Controller), was ein schnelles Manöver nur möglich macht, wenn man sowieso bereits in Abwehrstellung ist. Leider ist es hier nicht möglich, eine Kombo abzubrechen, um einer gegnerischen Attacke ausweichen zu können. Es gibt einen schnellen Angriff, einen schweren Angriff, einen Wurf und nochmal die Kombination mit der L2 Taste, wodurch die jeweilige Spezialfähigkeit des Kämpfers aktiviert werden kann. Davon abgesehen gibt es noch einige andere Kombinationen, die zu erklären, zu umfangreich für diese Review wäre. Reden wir doch lieber darüber, wie sich das Kampfsystem anfühlt.
Auch wenn es nicht ganz mit anderen Character Action Games mithalten kann, ist es zweckmäßig und geht nach einiger Übung gut von der Hand. Luftkampf wie z.B. bei Bayonetta oder Devil May Cry gibt es eigentlich kaum, das meiste findet am Boden statt. Man versucht stets die Oberhand über das Kampfgeschehen zu behalten, ob man einen oder mehrere Gegner vor sich hat. Oft läuft es darauf hinaus, dass man versucht, die Lorbeeren zu ernten, sobald ein Gegner geschwächt aus dem Kampf kommt. Wer würde schon auf die Gelegenheit verzichten, einen geschwächten Soldaten von seinem Leid zu erlösen?
Davon abgesehen hat man eine Wutanzeige, die sich langsam füllt um dann, ähnlich wie der Devil Trigger bei DmC, durch Druck auf die beiden Sticks, einen Modus (Unleash Rampage) zu aktivieren, in dem man für einige Sekunden unschlagbar ist. Diese Fähigkeiten im richtigen Moment zu nutzen ist Teil der Strategie und fühlt sich sehr ähnlich an, wie einige der Superangriffe bei Playstation All-Stars: man ist übermächtig, muss seine Opfer aber noch in die Finger bekommen. Treffen zwei Gegner in diesem Modus aufeinander, kommt es zu einem kleinen QTE Gefecht.
Desweiteren gibt es Objekte auf dem Kampffeld, die man aufsammeln und im richtigen Moment einsetzen kann, z.B. Schusswaffen oder Schutzschilder.
Schwarze Löcher und Cthulhu
Die besten Momente während eines Matches sind die, in denen ein großes Event auf der Karte ausgelöst wird. So kommt es beispielsweise von Zeit zu Zeit zu schwarzen Löchern, Cthulhu taucht auf oder eine Reihe von CPU Gegnern wird in die Arena geschickt. Egal was kommt, es ist immer spannend und kann von einer Sekunde auf die andere das Blatt wenden. Dazu sei auch gesagt, dass die Karten, je nach Modus, ziemlich groß sein können. Und Modi gibt es ebenfalls viele. Sie reichen von Klassikern wie Capture the Flag und Team-Deathmatch zur fiktiven, Rugby-artigen, Sportart "Death Ball" oder dem Dogfight, in dem die Kämpfer an Helikoptern hängen. Über mangelnde Vielfalt kann man sich nicht beschweren. Den größten Spaß habe ich allerdings in den 1 vs. 1 Käfig-Kämpfen in denen man einem einzigen Kämpfer gegenüber tritt und all sein Können beweisen muss. Kommen dann noch zwei Spieler zusammen, deren Skill-Level etwa gleich ist, wird es umso besser.
Apropos Skills und Level. Auch wenn man in den Kämpfen in erster Linie auf die eigenen Fähigkeiten als Spieler vertrauen muss, gibt es (natürlich) auch ein Level-up System, das nochmal einen ordentlichen Motivationsschub gibt. Mit den Fähigkeiten, die man so freischaltet, kann man sich kleine Vorteile im Kampf verschaffen, der Art, dass die Figur z.B. automatisch blockt, sobald sie angegriffen wird.
Der Singleplayer: naja...
Fast vergessen: einen Kampagnen Modus gibt es auch noch. Der ist ganz okay, bietet ein wenig Story rund um die Charaktere und ein paar ganz gut inszenierte Momente, mehr aber auch nicht. Zu Anfang der Kampagne findet man sich auf einer Karte wieder mit verschiedenen Missionspunkten, später zieht man auch weiter zu anderen Ortschaften. Der Singleplayer ermöglicht es ebenfalls, Fähigkeiten freizuschalten und wer ein bisschen Training braucht, ist hier gut aufgehoben. Es wäre empfehlenswert gewesen, den Multiplayer des Spiels einzeln anzubieten, da der wohl wesentlich mehr Spieler ansprechen wird.
Fazit: Anarchy Reigns ist das, was es ist und als solches ist es einzigartig. Das Kampfsystem ist weder so flüssig, noch so komplex wie das anderer Character Action Games, man sollte aber auch verstehen, dass viele Kompromisse eingegangen werden müssen, wenn ebenbürtige Gegner gegeneinander antreten. Dieser Kompromiss gelingt Platinum Games sehr gut. Sollte es trotz der eher schlechten Verkaufszahlen irgendwann einen Nachfolger geben, wären aber noch einige Verbesserungen angebracht.
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