Samstag, 6. Juli 2013
Review: The Last of Us
von Tony Menzel
Plattform: PS3
Release: 2013
Entwickler: Naughty Dog
Publisher: SCE
Die großen Highlights eines Spielejahres kommen meistens gleich zu Anfang oder ganz zum Ende. Nicht so dieses Jahr - kurz vor dem üblichen Sommerloch, schicken Sony und Naughty Dog ihren stärksten Kandidaten für die noch aktuelle Konsolengeneration in den Ring: The Last of Us. Ein Spiel mit einer solchen Stärke, dass es uns die Notwendigkeit einer NextGen in Frage stellen lässt. Ganz anders als bei Crash Bandicoot, Jak & Daxter und Nathan Drake, wählen die Spitzenentwickler hier einen entschieden dunkleren Ton mit viel Gewalt, Einsamkeit und richtig ekeligen Monstern.
Aller Anfang ist schwer (und lahm)
Die Geschichte von The Last of Us dreht sich im Wesentlichen um zwei Figuren: den mürrischen Schmuggler Joel und die 13 jährige Ellie, die ihres trotz zarten Alters, ein ziemlich starkes Mundwerk hat. 20 Jahre nach dem Ausbruch einer Zombie-Apokalypse, ausgelöst durch einen fiesen Pilzbefall, ist fast die ganze Erde ausgerottet. Typisches Zombiesetting, mit neuer Ursache. Ob man die Klicker, Runner und Bloater überhaupt als Zombies bezeichnen will, ist jedem selbst überlassen. Tödlich sind sie allemal!
Im Jahr 2033 (scheinbar ein beliebtes Jahr für Endzeitgeschichten...) bekommt der, durch vergangene Ereignisse gebrochene Überlebende Joel, der sich nun seine Essensmarken mit dem Schmuggeln von Waren (vor allem Waffen) verdient, den Auftrag das kleine Mädchen Ellie unbemerkt aus der Stadt zu schaffen. Zu einem Lager der sogenannten Fireflies, einer Art Rebellengruppe. Widerwillig nimmt er den Auftrag an und für die beiden beginnt eine lange Reise. Eine sehr lang Reise! Detaillierter möchte ich auch gar nicht auf die Geschichte eingehen, denn das würde zu viel vorwegnehmen.
Das Spiel beginnt mit einem Knaller, schaltet dann einen Gang runter und nimmt in den folgenden 2-3 Stunden nur sehr langsam an Fahrt auf. Diese ersten Stunden sind auch die größte Schwäche des Spiels. Die meiste Zeit folgt man anderen, nicht besonders interessanten Figuren durch enge Gänge und liefert sich hier und da erste kleine Feuergefechte. Das Spiel hat eine sehr angenehme Spielzeit von etwa 16-20 Stunden (je nach Spielweise), hätte am Anfang aber ruhig ein paar Einkürzungen vertragen können. Was soll's.
Als endlich die "richtige" Geschichte in beginnt, öffnen sich auch die Gebiete und damit die Entscheidungsfreiheit. The Last of Us ist und bleibt zwar ein lineares Abenteuer, aber die großen Umgebungen bieten viel zu entdecken und die Möglichkeit, auf verschiedene Art und Weise an Situationen heranzugehen. Eine Tugend, die sich hoffentlich auch auf das nächste Uncharted übertragen wird.
Gegner schlau, schlau, schlau, schlau, schlau...
Grob gesagt bietet das Spiel zwei Arten von Kampfsituationen. Die gegen Infizierte und die gegen Menschen. In beiden Fällen ist es ratsam, so viele Gegner wie möglich schleichend zu erledigen, bevor man von den anderen entdeckt wird. Gerade bei Klickern ist Stealth sehr wichtig. Die gnadenlosen Krachmacher töten nämlich mit einem einzigen Angriff, wodurch es noch hundertmal gruseliger wird ihnen gegenüber zu stehen. Prinzipiell bin ich absolut kein Freund von One Hit Kills, aber in diesem Fall kann ich es Naughty Dog nicht zum Vorwurf machen. So unheimlich die Begegnungen mit Infizierten auch sind - Spaß machen sie nicht. Letztendlich sind sie nur hirnlose Kampfdrohnen, die auf den Spieler zustürmen bis sie erledigt sind.
Viel mehr Spaß hatte ich mit den zahlreichen Situationen, in denen ich menschlichen Gegnern gegenüber stand. Diese agieren sowohl individuell, als auch im Team sehr intelligent. Sie sind aggressiv und versuchen den Spieler aus der Deckung zu holen, zu umzingeln oder schleichen sich an. Die Gegner KI kann es sogar mit der von F.E.A.R aufnehmen. Wo die menschliche KI der Gegner immer wieder überzeugt, glänzt die der Begleiter leider häufiger mal durch Abwesenheit. Gerade in Schleichpassagen rennen sie gerne mal wild durch die Gegend, trampeln was das Zeug hält und rufen sich fröhlich Sachen zu. Auswirkungen auf die Spielsituation hat das nicht, denn Klicker, Menschen und Co reagieren (fast immer) nur auf Joel. Trotzdem reißen diese Aussetzer immer wieder aus der dichten Atmosphäre heraus.
Klingt gut, riecht gut, schmeckt gut
Auf technischer Seite setzt The Last of Us völlig neue Maßstäbe. Naughty Dog hat sich hier mal wieder selbst übertroffen und eine unglaublich schöne Grafik abgeliefert. Die Umgebungen der postapokalyptischen Welt sind extrem detailreich und nicht aus dem Zufallsgenerator. Jedes Haus erzählt seine eigene Geschichte, auf jeder Straße gibt es etwas zu entdecken. Neben den Kampf- und Gruselpassagen besteht ein großer Teil des Spiels daraus, den richtigen Weg zu finden. Oft ist das sehr gut gemacht, seltsamerweise aber gerade in den kleinsten Räumen manchmal etwas unübersichtlich. Zum Beispiel dann, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht und eine kleine Leiter am Boden besser versteckt ist, als das cleverste Easter Egg. Und hat man dann erst die Leiter, ist das nächste Problem, die exakte Stelle zu finden an die sie gelehnt werden kann. Aber das ist alles Meckern auf hohem Niveau. Nerviger wird es, wenn wir an Gegner vorbeischleichen, versuchen das Areal zu verlassen und dann kapieren, dass wir erst auf die nächste Zwischensequenz warten müssen, die natürlich erst ausgelöst wird, wenn alle Feinde tot sind.
Neben der Grafik ist auch das Sound Design sehr gut eingesetzt. Oft wird ganz auf Musik verzichtet, in den richtigen Momenten wird sie dann effektiv eingesetzt. Stimmen und Umgebungsgeräusche können gut zugeordnet werden. Steht Elli links hinter mir, höre ich auch, dass sie links hinter mir steht.
Nur die Stärksten überleben...und Ellie
Der stärkste Aspekt, der sich durch Story und Gameplay zieht, ist das Thema Überleben. The Last of Us liegt ganz im Trend der Survival Spiele der letzten Jahre. Verbandskästen, Munition und zusätzliche Zweitwaffen müssen erst aus Einzelteilen zusammengesetzt werden, die man überall in der Umgebung findet. Es gibt weder einen riesigen Vorrat an Munition, noch regenerierende Gesundheit. Möchte man The Last of Us aber wirklich als Survival Spiel erleben, empfiehlt es sich, das Spiel sofort auf Schwer zu beginnen, denn selbst hier wird Joel zum Ende hin zu einer wandelnden Kampfmaschine. Das Aufleveln bestimmter Attribute und Fähigkeiten (wie den Lauschmodus) ist ebenfalls möglich und notwendig.
Es gibt noch hundert weitere Details, die ich hier erwähnen könnte, aber stattdessen spreche ich einfach eine Kaufempfehlung aus und verweise auf den kommenden Podcast Episode 39, in der wird das Spiel in aller Ausführlichkeit (ohne Spoiler) diskutieren.
Fazit: The Last of Us ist ganz sicher nicht frei von Schwächen. Ich würde es auch nicht als perfektes Spiel oder als bestes der Generation bezeichnen. Aber es ist ein weiterer Beweis dafür, dass Naughty Dog ein unglaublich wertvoller und talentierter Entwickler ist, der sowohl spannende Adventures abliefert, als auch meisterhafte Charaktere kreieren kann. Die Geschichte des Spiels bleibt zwar nicht frei von alten, oft gesehenen Zombie Klischees, bietet aber zwei Charaktere, die komplexer und glaubwürdiger sind, als man es aus Videospielen gewohnt ist.
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